Gericht rügt Sterbemittelkriterien

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verpflichtet die Schweiz, die Betäubungsmittelabgabe zu Sterbezwecken gesetzlich zu regeln.

Der Fall: Die Zürcher Rentnerin Alda Gross leidet am Alter, hat aber keine diagnostizierbare Krankheit. Sie möchte sterben. Zwar würden ihr zwei Ärzte das Schlafmittel NaP als Sterbemedikament abgeben wollen, doch sie fürchten den Verlust der Berufsbewilligung, da Rentnerin Gross nicht im eigentlichen Sinn erkrankt ist. Alda Gross bleibt nur der gewaltsame Suizid. Sie versucht, einen Waffenerwerbs- oder einen Giftschein zu erlangen. Beides lehnen die Behörden ab. Deshalb klagt sie schliesslich den Staat ein, ihr nach europäischer Menschenrechtskonvention garantiertes Recht auf Selbstbestimmung zu gewährleisten und ihr das sanfte Sterbemedikament NaP direkt abzugeben.

Das Urteil: Der EGMR geht nicht auf ihr Anliegen der Abgabe des Sterbemedikamentes ein. Trotzdem verurteilt er die Schweiz wegen Verletzung der Menschenrechte von Alda Gross. Da die Kriterien der Sterbemittelabgabe nicht gesetzlich geregelt seien, sondern nur standesrechtlich, habe Alda Gross unter einer grossen Unsicherheit leiden müssen, ob sie so sterben dürfe oder nicht, dies verletze ihr Recht auf Privatleben. Die Schweiz müsse gesetzlich regeln, wer Anrecht auf das sanfte Sterbemittel NaP habe und wer nicht.

Die Bedeutung des Urteils für die Sterbehilfe in der Schweiz: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sowohl Rentnerin Gross wie auch die Schweiz können es an die grosse Kammer des EGMR weiterziehen. Das ist wahrscheinlich, und die höhere Instanz könnte ganz anders urteilen, ist das Urteil doch äusserst knapp zu Stande gekommen. Würde es aber rechtskräftig, müsste die Schweiz die NaP-Abgabe zu Sterbezwecken gesetzlich regeln. Ob dies ein Vor- oder ein Nachteil für die heutige, relativ liberale Praxis ist, darüber gehen die Expertenmeinungen auseinander: Manche denken, eine Regelung würde Einschränkung bedeuten (etwa für Kranke, die nicht unmittelbar am Lebensende stehen), andere erhoffen sich eine Liberalisierung (etwa für "Gesunde" wie Alda Gross).

Bis zu einer möglichen Gesetzesänderung hat das Urteil aber keinerlei Auswirkungen auf die Praxis der Sterbehilfe wie EXIT sie leistet.

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