Jahresbericht 2019

Vorstand und Geschäftsstelle

Präsidium (Marion Schafroth)

Verantwortung im EXIT-Räderwerk

Am 17. Mai 2019 schenkte mir die Generalversammlung ohne Gegenstimmen ihr Vertrauen und wählte mich als Nachfolgerin für Saskia Frei zur Präsidentin. Das Präsidium bildet eine Schnittstelle zwischen den Ressorts und der Geschäftsleitung und als Prima inter pares innerhalb des Vorstandskollegiums bin ich zuständig für die Vorbereitung und Leitung der insgesamt acht jährlichen Vorstandssitzungen und der Generalversammlung (GV).

In meinem ersten Jahresbericht in dieser neuen Funktion kann ich Ihnen zu den Schwerpunkten meiner Tätigkeit Folgendes berichten:

Im Vorstand galt es, sich in neuer Zusammensetzung gegenseitig unterstützend zu einem verlässlich, effizient und strategisch denkenden Organ zusammenzufinden, ohne dass dadurch der Gang des täglichen Geschäfts beeinträchtigt wird. Wir befinden uns auf erfreulich gutem Kurs, auch wenn diese Phase insgesamt mindestens die Dauer eines Jahres beanspruchen wird. Im personellen Bereich sorgten wir für die erforderlichen Anpassungen, um mit dem Mitgliederwachstum (Mitgliederzahl plus 7 Prozent gegenüber Vorjahr) und teilweise komplexeren Abklärungen hinsichtlich Freitodbegleitung Schritt zu halten: Dies umfasst sowohl die Erweiterung des  Freitodbegleitungsteams,  die Schaffung zweier zusätzlicher Triagestellen (Umsetzung des Modells 2030, siehe dazu Ressortbericht Freitodbegleitung) sowie die Vereinfachung administrativer Abläufe durch Anpassungen im IT-Bereich inklusive Aufschaltung einer neuen Website.

Als Präsidentin war ich stark beansprucht durch die Mitarbeit in vereinsinternen Arbeitsgruppen (Arbeitskommission «Altersfreitod», Arbeitsgruppe «Aussergewöhnlicher Todesfall», Arbeitsgruppe Statutenrevision, Organisationskomitee für die öffentliche Tagung Altersfreitod). In all diesen Gruppen werden allfällige Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten ausdiskutiert, Vorgehensmöglichkeiten evaluiert und Lösungsvorschläge erarbeitet.

Ich hatte vielfache Gelegenheit, öffentlich über EXIT zu orientieren und berichten: Einerseits in Form von Medien-Interviews oder durch Teilnahme an diversen Veranstaltungen als Referentin bzw. Podiumsteilnehmerin, andererseits durch Fachreferate in ärztlichen Kreisen.

Am 16. November 2019 führte EXIT erfolgreich die öffentliche Tagung «Altersfreitod» durch. Wir erreichten damit einen ersten Meilenstein auf dem langen Weg hin zum Ziel, breites Verständnis und Akzeptanz für den Altersfreitod zu erreichen. Der Auftrag dazu ergibt sich einerseits aus den Statuten (Art. 2 Abs 5) sowie aus den an der GV 2019 genehmigten Anträgen der Arbeitsgruppe «Altersfreitod». Einer meiner Tätigkeitsschwerpunkte bestand und besteht darin, mittels beständiger, ruhiger und sachlicher Kommunikation vor allem bei der Ärzteschaft grösseres Verständnis zu wecken für den Altersfreitod
(= assistierter Suizid im Alter bei nicht tödlicher Krankheit).

Oftmals wird die Präsidentin als «Gesicht von EXIT» wahrgenommen und somit trage ich einen gewissen Anteil an der Verantwortung für unser Image und unsere gesellschaftliche Akzeptanz. Diese Herausforderung nehme ich gerne wahr, jedoch mit grossem Respekt vor der daraus resultierenden Verantwortung. Dennoch bin ich als Vereinspräsidentin nur ein Rädchen unter vielen anderen, die gemeinsam dafür sorgen, dass unser Verein seine wichtigen Aufgaben in den Bereichen Patientenverfügung, Beratung, Freitodbegleitung und Förderung Palliative Care wahrnehmen kann. Eine Vielfalt von Menschen in unterschiedlichsten Funktionen trägt zum Funktionieren des EXIT-Räderwerks bei. Es handelt sich dabei um alle Mitglieder des Freitodbegleitungsteams, die Geschäftsprüfungskommission, die Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzte, die Mitarbeitenden auf der Geschäftsstelle inklusive die Mitarbeitenden in den Aussenbüros Bern, Binningen/Basel und Tessin, die Stiftungsräte palliacura, den Geschäftsführer und die Leitung Freitodbegleitungen sowie – last but not least – meine Kollegin und Kollegen im Vorstand. Im Namen des gesamten Vorstands spreche ich Ihnen allen meinen grossen und herzlichen Dank aus und hoffe auf weitere gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Freitodbegleitung (Andreas Stahel)

Schwerpunkte der Ressorttätigkeit 2019

Nach der Wahl in den EXIT-Vorstand im Mai 2019 durfte ich ein gut organisiertes und funktionierendes Ressort Freitodbegleitung mit motivierten und einsatzfreudigen Mitarbeitenden übernehmen, was mir den Einstieg stark erleichterte und wofür ich mich bei allen herzlich bedanke.

Die Haupttätigkeitsgebiete standen unter der Vorgabe des Ausbaus und der Anpassung der Dienstleistungen an die starke Zunahme der Mitgliederzahl und deren Ansprüchen. Dabei standen folgende Aktivitäten im Vordergrund:

Modell 2030: Ziel dieses Modells ist es, den Freiwilligenaspekt und den Solidaritätsgedanken unter den Begleitpersonen zu fördern und die individuelle Arbeitsbelastung durch eine professionellere Unterstützung zu reduzieren. Dazu wurde u. a. die Leitung FTB durch eine Assistenzstelle personell verstärkt und der FTB-Pool wird durch ein Triage-Team ergänzt, um die Vorabklärungsabläufe effizienter gestalten zu können. Zudem wird der Pool der Freitodbegleitpersonen in Regionalgruppen gegliedert und zahlenmässig bedarfsadaptiert angepasst. Letzte Korrekturen am Konzept sowie eine erfolgreiche Vernehmlassung bei den Mitarbeitenden wurden durchgeführt. Die Umsetzung in die Praxis ist nun auf bestem Weg.

Vademecum: Dieses neue, aus Aktualisierungsgründen rein elektronische Einführungsdokument sowie Nachschlagewerk für Konsiliarärzte wurde unter  der Führung mehrerer Vorstandsmitglieder und des Leitungsteams FTB ausgearbeitet und kam in diesem Jahr zum Abschluss und zur Verteilung an alle Konsiliarärzte.

Natrium-Pentobarbital: Die gesamten Abläufe in der Handhabung des Sterbemittels NaP wurden komplett durchleuchtet und revidiert den aktuellen Gegebenheiten und den juristischen und administrativen Vorgaben angepasst. Dazu werden neue Reglemente und Weisungen verfasst sowie die Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit der Apotheke in Zürich überarbeitet.

Sterbezimmer: Die Suche nach einem Sterbezimmer im Kt. Zürich wurde ausgedehnt und intensiviert, ohne dass bis Jahresende schon geeignete Räumlichkeiten gefunden werden konnten. Die Möglichkeit, ein Sterbezimmer in der Geschäftsstelle zu errichten, wurde umfassend evaluiert und als vorstellbar taxiert. Diese potenzielle Variante wird deshalb weiterverfolgt und bei den zuständigen Behörden wird im Jahr 2020 ein Gesuch eingereicht.

Die Information Ärzteschaft wird kontinuierlich weitergeführt, indem wir laufend Hausärztezirkel besuchen und weiterhin grundlegende Informationen über die Tätigkeit von EXIT verbreiten. Damit wird das ärztliche Bewusstsein, das Verständnis und die Akzeptanz gegenüber unserer Organisation und den Freitodbegleitungen gefördert.

Die jährlichen Treffen mit den Konsiliarärzten/innen und Konsiliarpsychiatern/innen, die FTB-Treffen sowie das FTB-Wochenendseminar wurden weiterhin wie in den vergangenen Jahren erfolgreich durchgeführt. Sie alle dienten v. a. der Informationsvermittlung, dem internen Zusammenhalt und dem Erfahrungsaustausch untereinander sowie mit der Ressortleitung und den Vorstandsmitgliedern.

Aus der Statistik

Tabelle 1: Anzahl Akteneröffnungen (AE) / Freitodbegleitungen (FTB) / Mitglieder (MG)

Statistik AE/FTB/MG

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

Akteneröffnungen

1152

1207

1031

991

1083

879

723

FTB total

862

905

734

722

782

583

459

FTB Frauen

508 (58,9%)

516 (57,0%)

442 (60,2%)

415 (57,5%)

434 (55,5%)

330 (56,6%)

267 (58,2%)

FTB Männer

354 (41,1%)

389 (43,0%)

292 (39,8%)

307 (42,5%)

348 (44,5%)

253 (43,4%)

192 (41,8%)

Durchschnittsalter (Jahre)

78,2

78,2

78,1

76,7

77,4

77,5

76,8

EXIT-Mitglieder 31.12.

128 212

120 117

110 391

104 278

95 621

81 015

69 501

Die Anzahl FTB ist die Zweithöchste seit der Gründung von EXIT. Sie nahm gegenüber dem Vorjahr nur um etwas weniger als 5 Prozent ab. 47 Prozent der Rezepte für das Sterbemedikament Natrium-Pentobarbital wurden durch Hausärzte ausgestellt, 53 Prozent durch Konsiliarärzte.

Tabelle 2: Sterbeort

 

2019

2018

2017

2016

2015

privat

731 (85%)

760 (84%)

613 (83%)

613 (85%)

651 (83%)

Sterbezimmer EXIT

20 (2%)

23 (3%)

36 (5%)

36 (5%)

39 (5%)

Heim

111 (13%)

122 (13%)

85 (12%)

73 (10%)

92 (12%)

Überwiegend fanden die Freitodbegleitungen bei den Sterbewilligen zu Hause oder im eigenen Zimmer eines Alters- und Pflegeheims statt. Die Anzahl FTB’s in einem Sterbezimmer waren rückläufig, weil einerseits die Nachfrage geringer ausfiel und andererseits bisher im Raum Zürich kein neues Sterbezimmer gefunden werden konnte.

Tabelle 3: Anzahl FTB in ausgewählten Kantonen

 

2019

2018

2017

2016

2015

Kanton ZH

288

329

274

248

267

Kanton BE

124

107

90

104

123

Kanton AG

93

92

67

61

60

Kanton SG

50

49

40

52

55

Kantone BS + BL

52 (28+24)

86 (44+42)

63 (38+25)

54 (24+30)

76 (37+39)

Tabelle Nr. 3 zeigt die Entwicklung in den Kantonen mit den grössten FTB-Zahlen im Verlauf der letzten fünf Jahre. Führend sind nach wie vor die Kantone ZH und BE. In einigen Kantonen kam es zu Abweichungen gegenüber dem Vorjahr. Abnahmen in ZH, BS + BL, SZ und ZG stehen Zunahmen in BE, TG und SH gegenüber.

Tabelle 4: zu Grunde liegende Krankheiten bei FTB (gerundet auf volle %-Zahlen)

                                                                   2019

            2018

            2017

ALS

26

3 %

19

2 %

19

3 %

Augenkrankheit

14

2 %

6

1 %

16

2 %

Demenz

15

2 %

18

2 %

15

2 %

Herzerkrankung

22

3 %

25

3 %

23

3 %

Hirnschlag

35

4 %

26

3 %

22

3 %

HIV

2

0 %

2

0 %

0

0 %

Krebserkrankung

311

36 %

344

38 %

288

39 %

Lungenkrankheit

45

5 %

40

4 %

29

4 %

MS

14

2 %

16

2 %

17

2 %

Nierenkrankheit

5

1 %

7

1 %

4

1 %

Parkinson

32

4 %

27

3 %

23

3 %

Polymorbidität

227

26 %

245

27 %

181

25 %

Polyneuropathie

8

1 %

6

1 %

8

1 %

Psychische Krankheit

17

2 %

18

2 %

14

2 %

Schmerzpatient

64

7 %

75

8 %

53

7 %

Tetraplegie

0

0 %

6

1 %

7

1 %

Andere

25

3 %

25

3 %

15

2 %

Total

862

 

905

 

734

 

Die den FTB zu Grunde liegenden Erkrankungen gehören weiterhin zu rund zwei Dritteln den beiden Kategorien «Krebserkrankungen» und «Polymorbidität» an. Tendenziell zunehmend sind zudem ALS-, Parkinson- und Hirnschlag-Patienten sowie Patienten mit Lungenkrankheiten.

Kommunikation (Jürg Wiler)

Relevante Neuerungen

Eine Aufgabe des Ressorts zog sich wie ein roter Faden durchs ganze Jahr: Die Totalerneuerung der Website www.exit.ch. Der Hauptfokus lag auf der Leserführung. So bietet die neu gestaltete Startseite den Nutzerinnen und  Nutzern alle wichtigen Themen auf einen Blick. Wer mehr darüber wissen will, erfährt es auf den bedienerfreundlichen Unterseiten. Durch die stärkere Einbindung von Bild- und Videoformaten ist das Informationsangebot ansprechender geworden. Da die Website immer öfter von mobilen Endgeräten aus wie Smartphones und Tablets angewählt wird, passt sich die Site automatisch deren unterschiedlichen Bildschirmgrössen und -auflösungen an. Neu können jeweils die letzten Ausgaben des Mitgliedermagazins sowie die Hauptinformationsbroschüre als E-Paper durchgeblättert und gelesen werden, zudem wurde eine neue Seite für Spenden integriert. Die Erneuerung der Website bedingte eine intensive interne Zusammenarbeit aller Involvierten.

Da elektronische Medien bei der Kommunikation unseres Vereins eine zunehmend wichtige Rolle spielen, wurden Ende Jahr die Weichen für einen neuen Newsletter von EXIT gestellt. Er ist diesen Februar  das erste Mal erschienen, versandt werden soll er rund viermal pro Jahr sowohl an  interessierte  Mitglieder als auch an Nicht-Mitglieder. Der Newsletter ist nebst dem «Info»-Heft ein wichtiger Kanal beim Kontakt mit den Mitgliedern. Daneben dient er auch der «schnellen» Kommunikation, also bei wichtigen Polit- und Gerichtsentscheiden beim Thema Suizidhilfe. Zudem besteht jeweils ein Link auf die  elektronische  Version des Info-Hefts. Ein Augenmerk bei der Lancierung des Newsletters galt überdies dem Thema Datenschutz.

Themen der EXIT-Kampagne im Herbst waren erneut die Selbstbestimmung und die Patientenverfügung. Nähergebracht wurden sie einerseits anhand zweier ungewöhnlicher Texte. Sie sollten zeigen: Die Menschen sind es gewohnt, ein Leben lang eigenständig zu entscheiden – viele wollen sich dieses Grundrecht auch am Lebensende nicht nehmen lassen. Die PR-Kampagne war zweigeteilt: Die vom bekannten Schauspieler Sky du Mont – er ist das «jüngste» Mitglied unseres Patronatskomitees – kostenlos gesprochenen Radio-Spots wurden auf privaten Schweizer Radiosendern ausgestrahlt, die entsprechenden Inserate erschienen in wichtigen Schweizer Tageszeitungen.

Suizidhilfe sorgte erneut für starke Resonanz in gedruckten und elektronischen Medien. Zum Bespiel drehte Ende September ein Filmteam vom Fernsehen SRF in unserer Geschäftsstelle in Zürich. Die Sendung «Reporter» realisierte einen Filmbeitrag über eine Frau und einen Mann, die sich von EXIT zur Freitodbegleitperson ausbilden lassen. Im Vordergrund standen dabei die Motivation und die Charaktere der beiden Protagonisten. Die Aufgabe war anspruchsvoll, verlangten die Dreharbeiten doch grosse Offenheit von den Beteiligten und unserem Verein. Der Beitrag wurde am 1. Dezember im Rahmen der vierteiligen Serie «Tod – das letzte Tabu» ausgestrahlt.

Ein Ziel des Ressorts Kommunikation ist, zum Erhalt und Ausbau der guten Reputation von EXIT beizutragen. Konkret hiess das unter anderem, auf etliche Medienbeiträge zu reagieren, welche falsche Behauptungen über den Verein und seine Anliegen beinhalteten. Zudem unterstützten der Kommunikationsvorstand und die Mitarbeitende Muriel Düby die Vereinsziele kommunikativ und informierten offen nach innen und aussen. Zu diesem Zweck überarbeiteten sie die Info-Hauptbroschüre in Deutsch und Italienisch, planten und produzierten das «Info»-Heft – aus Umweltschutzgründen erscheint es neu ohne Plastikfolie –, informierten via Website, beantworteten Medienanfragen aus dem In- und Ausland, versandten Medienmitteilungen, pflegten Beziehungen zu Behörden, Organisationen und Mitgliedern und führten Referate  und Podiumsdiskussionen durch. Und nicht zuletzt konnte das Ressort mitteilen, dass weitere 12 000 Menschen der grössten Selbstbestimmungsorganisation der Schweiz ihr Vertrauen entgegenbringen und neu beigetreten sind: Damit zählte EXIT Anfang 2020 in der Deutschschweiz und im Tessin insgesamt über 130000 Mitglieder!

Recht (Katharina Anderegg)

Überaus vielseitige Tätigkeit

Mit grosser Freude habe ich, nach der erfreulich  deutlichen  Wahl an der GV 2019, meine Arbeit im Vorstand von EXIT im Juni 2019 aufgenommen. Obwohl ich mich bereits vor der Wahl über mein Pflichtenheft informiert habe, war ich beeindruckt von der Breite meiner Aufgaben, als ich von meiner Vorgängerin die pendenten Dossiers übernahm.

Als Erstes habe ich für den Vorstand neue Verträge erarbeitet, damit diese einerseits der aktuellen Gesetzgebung und Rechtssprechung wie auch den effektiv gelebten Realitäten entsprechen. Daneben gab es sofort einige Punkte innerhalb der Geschäftsstelle zu klären, insbesondere war dies die Klage einer gekündigten Mitarbeiterin, die wir im Rahmen der Schlichtungsverhandlung ad acta legen konnten. Im Herbst stand auch die Einführung eines neuen Personalreglements an. Erfreut konnte ich feststellen, dass die Änderungen von den Mitarbeitenden positiv aufgenommen wurden und alle die neuen Verträge unterzeichnet haben.

Wie meine Vorgängerin in ihrem Bericht  ausführte, erhielten wir 2018 einen Antrag eines Verwahrten für eine Begleitung. Der Verwahrte ist Mitglied von uns und es stellte sich die Frage, wie wir ein solches Gesuch behandeln. Im Berichtsjahr hat das Schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug in Fribourg ein Grundlagenpapier für den assistierten Suizid im Straf- und Massnahmenvollzug erstellt. Dies ist sehr zu begrüssen, da wir davon ausgehen, dass solche Anträge angesichts des steigenden Alters im Straf- und Massnahmenvollzug vermehrt gestellt werden. In diesem Papier werden nicht nur die juristischen Fragen, sondern auch die ganz praktischen Problemstellungen, wie z. B. Zugang zum Strafgefangenen oder zum Verwahrten, Tragung der Kosten, Sterbeort etc. behandelt. Im Anschluss an die Vorlage dieses Papiers konnten wir, gestützt auf eine Einwilligung der Gefängnisleitung, den Verwahrten besuchen. Der Vorstand hat sich entschieden, solche Mitglieder grundsätzlich gleich zu behandeln, wie alle anderen auch, unter Berücksichtigung der praktischen Einschränkungen.

Eine weitere zentrale Aufgabe war die Mitwirkung in der Kommission zur Überarbeitung der heutigen Statuten. Dies entspricht einem Auftrag der Generalversammlung. Die vierköpfige Kommission hatte bis heute fünf Sitzungen. Als Erstes wurde die Frage der Rechtsform behandelt. Ist die Form des Vereins, angesichts der stetig wachsenden Anzahl von Mitgliedern, immer noch die richtige Form, und, wenn ja, welche organisatorischen Änderungen wären sinnvoll? Die Diskussionen waren intensiv, da alle vier Kommissionsmitglieder ihre Erfahrungen innerhalb und ausserhalb von EXIT einbrachten und es grundsätzlich keine Tabus gab.

Die gravierende Missachtung einer Patientenverfügung, welche meine Vorgängerin in ihrem letzten Bericht erwähnt hat, muss nun, gestützt auf ein Urteil des Obergerichtes Zürich, von der zuständigen Staatsanwaltschaft an die Hand genommen werden. Dieser Prozess ist dem Vorstand wichtig, um gerichtlich feststellen zu lassen, wie sich Ärzte beim Vorliegen einer PV verhalten müssen. Ich habe zudem an der Tagung «Altersfreitod» und einen Nachmittag am jährlichen Seminar der Freitodbegleiter teilgenommen.
Die Fülle von Rechtsgebieten, in denen ich nun tätig bin, und die regelmässigen Diskussionen von ethischen Themen machen meine Arbeit enorm vielseitig und bereichern mich sehr.

Finanzen (Andreas Russi)

Erfolgreiche Stabübergabe

Dank umsichtiger Einführung durch meinen Vorgänger, Jean- Claude Düby, und den Vorstand konnte ich mich gut und effizient in meine neue Aufgabe einarbeiten. Nebst dem Bearbeiten und Beraten der anstehenden Vorstandsgeschäfte habe ich innerhalb des mir vom Vorstand zugeteilten Ressorts «Finanzen» meine  diesbezüglichen Kernaufgaben wahrgenommen. Diese umfassten z. B. die Vor- bereitung und periodische Finanzberichterstattung an den Vorstand sowie steuerliche Angelegenheiten. Im regelmässigen Austausch mit dem Geschäftsführer  und dem Leiter Finanzen liess ich mir Informationen zum Tagesgeschäft geben und zu wichtigen Projekten. Anlässlich von vier Sitzungen der Finanzanlagekommission – welche durch mich als Ressortverantwortlichen «Finanzen» vorbereitet wurden – wurden diverse Finanzanlagen-Entscheide getroffen und, wie im Finanzanlagenreglement vorgesehen, dem Vorstand zur Genehmigung vorgelegt. So ist der Vorstand zum Beispiel dem Vorschlag zum Aufbau eines zweiten Wertschriftendepots mit nachhaltigen Anlagen gefolgt. Diese Anlagen werden nach den international anerkannten «ESG-Kriterien» (Environment/Umweltaspekte – Social/Soziale Aspekte – Governance/Aspekte der Unternehmensführung) vorgenommen. Es ist vorgesehen, dieses Portefeuille bei Möglichkeit weiter aufzubauen.

Das Börsenjahr 2019 war geprägt von sich expansiv verhaltenden Notenbanken, vom Handelsstreit zwischen den USA und China sowie dem beabsichtigten Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit). Nach 2018 war auch 2019 ein ungewöhnliches Anlagejahr, wobei letzteres für den Verein sehr erfreulich war. Haupttreiber waren die Schweizer Aktien. Der Verein hat in allen Anlageklassen eine positive Rendite erwirtschaften können. Das historisch tiefe Zinsniveau bleibt auch 2020 eine grosse Herausforderung.

Das Budget 2020 – die Genehmigung durch den Vorstand erfolgte in dessen Dezember-Sitzung 2019 (siehe separaten Kommentar zum Budget 2020) – und die Jahresrechnung zum Vereinsjahr 2019 waren weitere Schwerpunkte in meiner Tätigkeit.

Weiter habe ich mich mit folgenden Themen begonnen auseinanderzusetzen: Ausgestaltung der künftigen Rechnungslegung und Möglichkeiten für eine genauere Berechnungsmethode für die Rückstellung Beiträge Lebenszeit.

Geschäftsführung (Bernhard Sutter)

Anpassungen ans Vereinswachstum

Die Geschäftsleitung hat zusammen mit dem Vorstand die Verantwortung über ein KMU mit rund dreissig festen Mitarbeitenden und einem Millionenbudget, zudem über eine stattliche Anzahl freier Mitarbeitenden für die Betreuung der Patientinnen und Patienten in EXIT-Abklärung. Sie organisiert Vereinsgeschäfte, Vorstandssitzungen, Anlässe und Generalversammlung sowie Dutzende interne Veranstaltungen.

Mit dem breiten Rückhalt in der Bevölkerung, mit erfreulichen Spendeneinnahmen, mit Monat für Monat über 1000 gewonnenen Neumitgliedern, mit einem ansehnlichen Jahresergebnis sowie starken Vereinsfinanzen und mit bald 130000 Mitgliedern war das Jahr 2019 erfolgreich für unseren Verein. Das anhaltend positive Vereinswachstum wird seit mehreren Jahren mit der gleich tiefen Stellenzahl bewältigt. Hingegen machten die Betreuung von erneut weit über 1000 Sterbewilligen sowie vor allem die Zunahme der komplizierteren Abklärungen bei Hochaltrigkeit, Demenz, Kurzfristigkeit und psychischen Erkrankungen die Schaffung eines hochspezialisierten Triage-Teams und damit einen Stellenausbau nötig (von 23 auf vorerst 25 Vollzeit-Äquivalente Ende 2019). Die Anzahl Freitodbegleitpersonen ist aus ähnlichen Gründen ebenfalls erhöht worden. Das motivierte und gut ausgebildete Team der Mitarbeitenden bildet weiterhin das Rückgrat von EXIT. Weiterbildungen und internen Kursen wird ein hohes Gewicht beigemessen. 2019 stand die Geschäftsstelle (und ihre drei Aussenbüros) zudem bereits im Zeichen der Vorbereitung auf die vollständige Digitalisierung, welche für 2021/22 vorgesehen ist und vor allem den Mitgliedern zeitgemässe Instrumente und Erleichterungen im Austausch mit unserem Verein bringen soll.

Nichtsdestotrotz konnten auch 2019 die Anliegen der Mitglieder effizient und ohne Pannen oder grössere Reklamationen bewältigt werden. Im vergangenen Geschäftsjahr hat EXIT erneut Zehntausende Auskünfte, über 16 000 Ausgaben und 10000 Kontrollen von Patientenverfügungen, 15 000 Versände von EXIT- Broschüren (und 2000 Abgaben an Veranstaltungen), über 12 000 Neuanmeldungen, 5000 Beratungen sowie annähernd 1200 Vorbereitungen für Sterbehilfe geleistet. Geschäftsstelle und Aussenbüros in Bern, Basel und Tessin sind mit Engagement für die Mitglieder da. Für die Mitarbeitenden ist die Beschäftigung mit Krankheit, Schicksal, Tod immer auch eine Belastung. Gegenseitige Unterstützung, Besprechungen im Team und mit Vorgesetzten und professionelle Supervision sowie auch einmal ein Team-Ausflug helfen bei der Bewältigung. Manchmal trifft das Schicksal die eigenen Reihen. 2019 mussten wir uns von einem unheilbar erkrankten aktiven GPK-Mitglied sowie von einem einstigen Kader und ehemaligen Freitodbegleiter verabschieden. Umso mehr erfüllt es uns mit Genugtuung, dass die Selbstbestimmung in der Schweiz weiter vorankommt.

Die Patientenverfügung wird heute weitherum respektiert, und das frisch gewählte Parlament steht mit weit über 80 Prozent hinter EXIT. Unsere Altersfreitodkonferenz Ende 2019 war innert weniger als drei Tagen ausverkauft und hätte bei immerhin über 600 Plätzen drei Mal gefüllt werden können. Dies war ein würdiger Abschluss eines erneut sehr erfreulichen Vereinsjahres. Der Geschäftsführer dankt den Mitgliedern für das entgegengebrachte Vertrauen, dem Vorstand für die konstruktive Zusammenarbeit, den Freitodbegleiter/innen für ihre anspruchsvolle Hilfeleistung für kranke Mitglieder und der GPK für ihre wichtige Kontrollfunktion. Ein spezielles Dankeschön geht an die Mitarbeitenden. Ihr Engagement ist riesig, die Qualität ihrer Arbeit hoch. So tragen sie wesentlich zum Erfolg und guten Ruf von EXIT bei.

Geschäftsprüfungskommission (GPK)

Auftrag

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) von EXIT nimmt in die Tätigkeit des Vorstandes und der Geschäftsführung Einblick. Zudem prüft sie periodisch, ob die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen sowie die Reglemente korrekt angewendet werden und ob die Beschlüsse der Generalversammlung und des Vorstandes ordnungsgemäss vollzogen werden. Dazu erstellt sie einen schriftlichen Bericht.

Tätigkeiten

Im Berichtsjahr wurde die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommission überschattet vom Tod unseres Mitglieds Richard Wyrsch. Zwei Jahre lang kämpfte er gegen eine unheilbare Krebserkrankung. Nachdem sich sein Gesundheitszustand im Juni plötzlich verschlechtert hatte, entschied er, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden. Er verstarb am 11. Juli 2019.

Trotz seiner gesundheitlichen Beschwerden erfüllte Richard verantwortungsbewusst und vorbildlich seine Pflichten. Er nahm an allen unseren Sitzungen teil, er besuchte den EXIT-Tag in Solothurn sowie die Generalversammlung in Zürich. Bis kurz vor seinem Tod war er regelmässig auf der Geschäftsstelle und führte die Aktenkontrollen wie immer mit grösster Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt durch.

Wir sind Richard Wyrsch für seine gründliche Arbeit, für seine Hilfsbereitschaft, seine Kollegialität und sein durch Klugheit und Weitblick geprägtes Engagement für EXIT sehr dankbar. Wir vermissen ihn.

Seit August 2019 ist Elisabeth Zillig daran, die Kontrollarbeiten fortzusetzen. Die GPK sieht vor, in Zukunft diese Arbeiten unter zwei Mitgliedern aufzuteilen. Es ist der Kommission wichtig, dass die Aktenprüfungen mit der bisherigen Seriosität weitergeführt werden.

Die Geschäftsprüfungskommission traf sich  2019 zu drei Sitzungen. Zusätzlich liess sie sich  im Februar 2019 über das finanzielle Ergebnis des Jahres 2018 informieren. Ferner nahmen ihre Mitglieder im März am EXIT-Tag und im Mai an der Generalversammlung teil. Im November nahmen beide Mitglieder an der von EXIT organisierten Tagung zum Thema Altersfreitod teil. Patrick Middendorf war an  deren  Vorbereitung als Vorsitzender der nunmehr aufgelösten Kommission «Altersfreitod» massgeblich beteiligt und wirkte auch als Referent mit.

Am 21. Dezember 2019 kontrollierte die GPK auf der Geschäftsstelle in Zürich den Lagerbestand des Medi- kaments Natrium-Pentobarbital (NaP), das von EXIT für die Sterbehilfe verwendet wird. Sie stellte fest, dass das NaP sicher aufbewahrt wird und über die Ein- und Ausgänge sorgfältig und zweckmässig Buch geführt wird.

Prüfung der Akten

Seit die Geschäftsprüfungskommission von EXIT besteht, gehört die Durchsicht und Prüfung aller zu einer Freitodbegleitung benötigten Dokumente, Unterlagen und Akten zu einer Kernaufgabe der GPK. Mit diesem Vorgehen wird den hohen Ansprüchen, die EXIT an eine Freitodbegleitung stellt, Rechnung getragen. Diese Prüfung ist für die GPK sehr wichtig, um festzustellen, ob alles im Rahmen der gesetzlichen und internen Vorschriften abgelaufen ist. Die GPK stellt fest, dass die Sterbebegleitungen den erforderlichen Standards vollends gerecht werden.

Die Statistik über Akteneröffnungen und Freitodbegleitungen sind im Jahresbericht des zuständigen Vorstandsressorts Freitodbegleitung publiziert.

Finanzen

Die GPK traf sich am 24. Februar 2020 mit Marion Schafroth, EXIT-Präsidentin, Andreas Russi, Vorstandsmitglied und verantwortlich für das Ressort Finanzen, Bernhard Sutter, Geschäftsführer und Romano Cavegn Leiter Finanzen, sowie mit der Vertreterin der Revisionsstelle Moore Stephens Expert Zurich Claudia Suter, um die vorab zugestellte Jahresrechnung 2019 zu besprechen und sich einzelne Positionen der Betriebsrechnung erklären zu lassen Die GPK stellt fest, dass das Vereinsvermögen sorgfältig verwaltet wird, was auch die gute Vermögenslage des Vereins und der positive Abschluss belegen. Sie dankt dem Finanzchef für die umsichtige Verwaltung des Vereinsvermögens.

Zusammenarbeit mit dem Vorstand

Die Geschäftsprüfungskommission erhält regelmässig die Protokolle der Vorstandssitzungen und gewinnt dadurch Einblick in alle laufenden Geschäfte. Zusätzlich bestehen Telefon- und E-Mail-Kontakte zwischen den Mitgliedern der GPK und des Vorstandes. Dies erlaubt es der GPK, auf allfällige Probleme rechtzeitig einzugehen.

Im Rahmen des EXIT-Tages traf sich die GPK im März 2020 wie üblich zu einer allgemeinen Aussprache mit dem Vorstand. Im Vordergrund standen die Vorbereitungen der Generalversammlung, insbesondere die anstehenden Bestätigungs- bzw. Ersatzwahlen in die GPK.

Dank

Die Geschäftsprüfungskommission verdankt die für EXIT geleistete grosse Arbeit. Sowohl vom Vorstand als auch vom Team der Freitodbegleiterinnen und Freitodbegleiter, den Konsiliarärzten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle wurde eine anspruchsvolle Arbeit mit viel Engagement und fachlichem Können geleistet.