Erfolgreiches Podium zu neuem Buch

Zum ersten Mal haben hierzulande deutsche und schweizerische Akteure das drohende Verbot der Suizidhilfe in Deutschland diskutiert. Zum Start des druckfrischen Buchs «Der organisierte Tod. Pro und Contra».

Anlass der Diskussion in der Zürcher Helferei vor 150 Interessierten und Medienvertreter war die Publikation der zweiten Auflage des Buches «Der organisierte Tod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung am Lebensende. Pro und Contra». Das hochkarätig besetzte Podium wurde von EXIT und dem Orell-Füssli-Verlag organisiert.
Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der fachlich assistierte Suizid, der seit 140 Jahren in Deutschland erlaubt ist, auf Anfang 2016 faktisch verunmöglicht wird. Der Deutsche Bundestag dürfte einen Gesetzesentwurf annehmen, der die organisierte Suizidhilfe unter Strafe stellt.

Das diskutierten erstmals deutsche (und Schweizer) Akteure in der Schweiz. Allesamt sind sie auch Mitautoren des Pro-&-Contra-Buchs.

Die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Renate Künast, setzte sich am Podium für grundlegende Regeln bei Organisationen und Ärzten ein. Sie befürchtet aber, dass ein restriktiverer Entscheid kommen und für viele Jahre halten wird. Folge: «Es wird mehr Suizide geben, es werden sich mehr Menschen vor die Bahn werfen.»

Roger Kusch, ehemaliger Justizsenator von Hamburg und Sterbehilfepionier, plädierte für den Status Quo. Er kritisierte den Bundestag scharf. So drohe ein Verbot, obwohl es kaum Suizidhilfe gebe in Deutschland (offiziell rund 100 bis 200 Fälle pro Jahr bei 870‘000 Todesfällen), obwohl es nur gerade einen Sterbehilfeverein gebe (rund 50 Suizidhilfen pro Jahr) und obwohl keinerlei Missbräuche bekannt seien.

Auch FDP-Ständerat und Medizinprofessor Felix Gutzwiller rät zum Status quo sowohl in unserem Nachbarland als auch in der Schweiz. Der Staat müsse sich bei Eingriffen in das komplexe Gefüge zwischen Sterbewilligen, Angehörigen und Arzt und damit in individuelle Gewissensentscheide zurückhalten. Regulierungsbestrebungen kämen aus dem konservativen und religiösen Lager. «Wir müssen uns dagegen wehren! Es kann nicht sein, dass die persönliche Entscheidungsfreiheit dadurch eingeschränkt wird», sagte er.

Auch der ehemalige leitende Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner ist überzeugt, dass der Weg über das Strafrecht bei der Suizidhilfe der falsche ist. Er wies jedoch auf das Spannungsfeld zwischen der Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens hin. Brunner meinte, dass in Deutschland hinsichtlich Suizidhilfe  «eine völlig andere Kultur» herrsche: Grossen Einfluss hätten die Vergangenheit, die Ärzte und die Kirchen. (JW/BS)

Jetzt im Handel: "Der organisierte Tod", Pro & Contra, Orell-Füssli-Verlag, Zürich, 2015, 26.90 Franken, ISBN 978-3-280-05591-5

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