Jahresbericht 2014

Präsidium

Im Berichtsjahr 2014 sind eine Vielzahl von Aufgaben zur Behandlung und Erledigung angestanden. Das Präsidium versteht sich als Schnittstelle zwischen den Ressorts und der Geschäftsleitung.

EXIT wächst ... und wächst weiter! Entsprechend dem Anstieg unserer Mitgliederzahlen musste auch der Personalbestand auf allen Ebenen (Geschäftsstelle/Mitglieder Freitodbegleitungsteam) erhöht werden. Sorgfalt und Genauigkeit sind unab- dingbare Voraussetzungen bei sämtlichen Mitarbeitenden bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Wir müssen unsere Mitglieder ein weiteres Mal um Nachsicht bitten, wenn die erwartete Antwort von Seiten unserer Organisation gerade bei der Behandlung der Beitrittsgesuche längere Zeit dauert als vielleicht erwartet. Der Vorstand ist sich bewusst, dass die heutige Geschäftsstelle mittelfristig zu klein ist; die Planung für die Zukunft hat begonnen.

Unser Beratungsbüro in Binningen hat sich gut entwickelt. Leider ist das Bewilligungsverfahren betreffend teilweiser Umnutzung als Sterbezimmer noch hängig. Ich hoffe, hiezu an der kommenden Generalversammlung Näheres berichten zu können. Immerhin ist es zumindest im Kanton Bern gelungen, unser Beratungsbüro an einem neuen Standort zu installieren. 

Im Vorjahr und auch an der letztjährigen Generalversammlung habe ich Sie über ein Urteil aus Strassburg orientiert, wonach die Schweiz in erster Instanz verpflichtet wurde, die Sterbehilfe gesetzlich zu regeln. Im Oktober 2014 hat dann der Gerichtshof für Menschenrechte erfreulicherweise entschieden, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. EXIT begrüsst diesen Entscheid sehr, da unseres Erachtens neue Gesetze in der Regel nicht mehr Freiheiten, sondern vielmehr neue Regulierungen mit sich bringen.

In personeller Hinsicht stand das Berichtsjahr im Zeichen der Übergabe. Bernhard Sutter konnte sich seit Mitte 2014 in seine neue Aufgabe als Geschäftsführer einarbeiten. Seit 1.1.2015 ist er Geschäftsführer von EXIT. Der ganze Vorstand bedankt sich bei Hans Muralt für die Einarbeitung seines Nachfolgers.

Im Weiteren galt es, die Nachfolge von Bernhard Sutter im Ressort Kommunikation vorzubereiten. Jürg Wiler, der Ihnen an der diesjährigen Generalversammlung zur Wahl vorgeschlagen wird, passt ausgezeichnet zu den verbleibenden Vorstandsmitgliedern. Nähere Angaben zur Person von Jürg Wiler finden Sie in dieser Ausgabe des Info-Hefts.

Der Beschluss der letztjährigen Generalversammlung, zustandegekommen mit überwältigender Mehrheit, wonach sich EXIT für den Altersfreitod einsetzen soll, hat grosse mediale Wellen geschlagen. Zwischenzeitlich ist zur Weiterverfolgung dieses Ziels eine qualifiziert zusammengesetzte Begleitgruppe unter dem Vorsitz von Ilona Bethlen eingesetzt worden. Überdies sind diverse diskrete Kontakte mit eidgenössischen Parlamentariern geknüpft worden und Gespräche mit Vertretern verschiedener Standesorganisationen wurden geführt bzw. eingeleitet. Unser Ziel ist es, dass niemand abgewiesen werden muss, der die Voraussetzungen für den Alterssuizid erfüllt. Es darf zweifelsfrei festgestellt werden, dass EXIT den gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu diesem Thema entscheidend mitgeprägt hat. Aktuelle Umfragen, lanciert beispielsweise von der Zeitschrift «Reformiert» bzw. bei der Ärzteschaft, verdeutlichen die Zustimmung der Bevölkerung zur ganzen Thematik.

Im Berichtsjahr haben die Auftritte in den Medien bzw. generell in der Öffentlichkeit weiter zugenommen. Auch wenn ich schon zahlreiche Referate, Podiumsdiskussionen und Interviews bestritten habe, stellten doch die beiden Auftritte am Fernsehen (Sternstunde Philosophie) und am Radio (Samstagsrundschau) spezielle Herausforderungen dar.

Entsprechend den steigenden Mitgliederzahlen erhöhten sich auch die Kontakte mit den einzelnen Mitgliedern. Die Anliegen, Wünsche oder Bemerkungen sind äusserst vielseitig und mir persönlich sehr wichtig. Speziell gefreut haben mich die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Mitgliedern nach den beiden oben erwähnten Auftritten am Fernsehen bzw. Radio.

Im Berichtsjahr galt es im Weiteren, den Stiftungsrat von Palliacura mit Beginn Amtsperiode 1.1.2015 zu wählen. Die ausscheidenden Mitglieder sind gebührend verabschiedet worden. Zahlreich und oftmals auch intensiv waren die Zusammenkünfte mit unseren Gruppierungen und Kommissionen (Geschäftsprüfungskommission, Ethikkommission, Konsiliarärzte, Freitodbegleitungsteam, Patronatskomitee, Anlagekommission etc.).

Als Ausblick sei an dieser Stelle festgehalten, dass wir die politische Debatte in unserem Nachbarland Deutschland zum Thema Sterbebegleitung mit Besorgnis beobachten. Obwohl auch in Deutschland alle repräsentativen Umfragen klar ergeben, dass die Bevölkerung grossmehrheitlich hinter dem Selbstbestimmungsrecht der Menschen auch am Lebensende steht, scheint sich auf der politischen Ebene ein Verbot für alle aktiven Sterbehilfeorganisationen abzuzeichnen!

Hierüber werde ich an der kommenden Generalversammlung Näheres berichten.

Zum Schluss danke ich allen Vorstandskolleginnen und -kollegen, den Geschäftsleitungsmitgliedern Hans Muralt und Heidi Vogt sowie allen Mitarbeitenden für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Unseren Mitgliedern danke ich für ihr Vertrauen und ihr Engagement, und all denjenigen, welche unserer Organisation einen zusätzlichen Beitrag in Form einer Spende oder eines Legats zukommen liessen, sei an dieser Stelle ganz speziell «Dankeschön» gesagt. Ihre Spenden und Legate helfen uns, unsere vielfältigen Aufgaben im Interesse unserer Mitglieder zu bewältigen und dabei den Mitgliederbeitrag tief zu halten.

Freitodbegleitung

Im Berichtsjahr 2014 sind eine Vielzahl von Aufgaben zur Behandlung und Erledigung angestanden. Das Präsidium versteht sich als Schnittstelle zwischen den Ressorts und der Geschäftsleitung.

Tabelle 1: Anzahl Akteneröffnungen/Freitodbegleitungen (FTB)

Freitodbegleitungen /FTB)20142013201220112010
Akteneröffnungen879723612468421
FTB total (Männer & Frauen)583459356305257
FTB Frauen330 (56,6%)267 (58%)217 (61%)182 (60%)140 (54%)
FTB Männer253 (43,4%)192 (42%)139 (39%)123 (40%)117 (46%)
Durchschnittsalter in Jahren77,576,87776,576

 

Tabelle 2 zeigt, dass diese manchmal nur wenige Tage beträgt. Diese auf den ersten Blick vielleicht sehr kurz erscheinenden Fristen sind daher möglich, weil bereits vor dem persönlichen Erstgespräch zwischen Sterbewilligen und Freitodbegleitern am Telefon eine erste Beratung durch die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle erfolgt und Arztzeugnisse bereits im Vorfeld eingeholt werden.

Tabelle 2: Zeitspanne zwischen Erstgespräch bis Freitodbegleitung (FTB)

Frist Erstgespräch bis FTB20142013
Mehr als 14 Tage375 Personen (64,3%)276 Personen (60%)
8 bis 14 Tage76 Personen (13,0%)85 Personen (19%)
Bis 7 Tage132 Personen (22,6%)98 Personen (21%)

 

Tabelle 3 legt dar, wie lange Personen EXIT-Mitglied waren, bis für sie im Hinblick auf eine eventuelle Freitodbegleitung eine Akteneröffnung erfolgte oder bis effektiv eine Freitodbegleitung stattfand. Ungefähr 1/4 sind seit weniger als 3 Monaten EXIT-Mitglied. Wir hoffen, dass sich dieser Prozentsatz mit steigender Mitgliedzahl und Bekanntheit unserer Organisation künftig langsam vermindert.


Tabelle 3: EXIT-Mitgliedschaften bei Freitodbegleitung (FTB) und Akteneröffnung (AE)

Mitgliedschafts-Dauer bis zu FTB / AEFTB 2014
(total 583 Personen)
AE 2014
(total 879 Personen)
Mitgliedschaft über 3 Jahre244 Personen (41,9%)390 Personen (44,4%)
Mitgliedschaft 1 bis 3 Jahre87 Personen (14,9%)116 Personen (13,2%)
Mitgliedschaft 3 Monate bis 1 Jahr103 Personen (17,7%)107 Personen (12,2%)
Mitgliedschaft unter 3 Monate149 Personen (25,6%)266 Personen (30,3%)

 

Wenn immer möglich führen wir die Freitodbegleitungen in den vertrauten eigenen vier Wänden durch, beinahe immer in Anwesenheit von Familienmitgliedern und/oder Freunden. Von den insgesamt 583 Begleitungen fanden 44 (7,5%) in den Sterbezimmern von EXIT in Zürich und Bern statt und 60 (10,3%) in einem Alters- und Pflegeheim (Tabelle 4). Langsam aber sicher nimmt erfreulicherweise die Zahl der Heime ab, die dies grundsätzlich verbieten.

Tabelle 4: Sterbeort

Sterbeort20142013201220112010
privat479384298253222
Sterbezimmer Exit4440272526
Heim603531279

 

Die meisten Freitodbegleitungen fanden wie auch in früheren Jahren im Kanton Zürich statt. Tabelle 5 zeigt die Entwicklung der Anzahl Freitodbegleitungen (FTB) in den Kantonen mit den grössten EXIT-FTB-Fallzahlen.


Tabelle 5: Anzahl FTB in ausgewählten Kantonen

Anzahl FTB20142013201220112010
Kanton ZH210171139110127
Kanton BE8680524029
Kanton AG4944332315
Kanton SG3828261419
Kantone BS & BL5432283214

 

Anzahl FTB 2014 in weiteren Kantonen: LU 28, TI 17, SO 15, TG 14, GR 13, AR 11, SZ 11, SH 10, ZG 10, NW 5, VS 2, FR 2, GL 2, Übrige 6

Die jetzt bestehenden Strukturen werden in organisatorischer und infrastruktureller Hinsicht dem weiterhin zu erwartenden Wachstum mittelfristig nicht mehr gewachsen sein. Daher ist zur Zeit eine interne Arbeitsgruppe daran, Vorschläge für die mögliche mittel- bis langfristige Weiterentwicklung in den beiden Tätigkeitsbereichen «Beratung» und «Freitodbegleitung» zu erarbeiten bzw. prüfen, um dem Vorstand im Laufe des Jahres 2015 einen Bericht mit konkreten Vorschlägen zur Weiterentwicklung vorzulegen. 
Immer wieder stellen sich Mitglieder des Freitodbegleitungsteams, der Geschäftsleitung sowie des Vorstands zur Verfügung für Auftritte im Rahmen von öffentlichen Anlässen (z.B. Referate, Podiumsgespräche) oder für Interviews mit Journalisten, die für ihre Zeitungsartikel kompetente und konkrete Auskünfte betreffend Ablauf unseres Abklärungsprozederes sowie einer Freitodbegleitung benötigen.

Kommunikation

Durchführung, Auswertung und Präsentation der grossen Mitgliederbefragung zum Altersfreitod bildeten den Auftakt zum Berichtsjahr. Dabei mussten fast 9000 Stimmtalons sowie Tausende Kommentare von Hand ausgewertet werden. 

Überhaupt ist der Altersfreitod im Jahr 2014 kommunikativ im Zentrum gestanden. Die Statutenänderung für dieses EXIT-Engagement hat schon Monate im Voraus und noch Wochen im Nachhinein für einen starken Anstieg des Medieninteresses an unserer Organisation geführt, und zwar aus dem Inland und aus dem Ausland. Das Ressort Kommunikation musste deshalb so intensiv Medienarbeit leisten wie seit Jahren nicht mehr, mit Medienmitteilungen und -konferenzen sowie unzähligen Interviews und Hintergrunddokumentationen. Dies wiederum hat zu einer nie gekannten Anzahl an Publikationen geführt und erlaubte so einen völligen Verzicht auf Informations- und Imagekampagnen. Trotzdem schnellten die Mitglieder-Neuaufnahmen in den Wochen der intensiven Berichterstattung auf neue Rekordwerte. 2014 hat sich das Netto-Jahres-Mitgliederwachstum mit rund 11 500 Mitgliedern gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt, so viel wie nie zuvor. 

Die Statutenänderung, aber auch andere Vereinsangelegenheiten – wie die Muba-Teilnahme, die erzwungene Schliessung der Zweigstelle Bern, die geplante Teilumnutzung zu einem Sterbezimmer der Zweigstelle Basel, politische Vorstösse, zahlreiche gross angelegte Umfragen, Studien sowie Bundesamtsstatistiken, wissenschaftliche Publikationen, Buch-, TV- und Filmanfragen – haben zu ausserordentlich viel Kommunikationsarbeit geführt und gipfelten letztlich in einer deutlich erhöhten Anfrage für Referate und Podiumsteilnahmen, ebenfalls aus dem Inland und Ausland. 

Nach der Annahme des Altersfreitod-Zusatzes in den Statuten hat umgehend das Altersfreitod-Lobbying bei Politik und Fachorganisationen begonnen, das in der Federführung des Ressorts lag. Ebenso musste, wie schon im Vorjahr, selbstbestimmungskritischen Anstrengungen in nationalen Forschungsprogrammen und in Fachkreisen kommunikativ begegnet werden. Im Jahr 2014 hat das Ressort zudem fast sämtliche Broschüren und Wegleitungen sowie den Inhalt der Website erneuert. 

Weiter wurden Muba und Generalversammlung geplant; Medientrainings absolviert und erteilt (beim Schweizer Fernsehen); am Weltkongress der Sterbehilfegesellschaften und anderen Fachtagungen teilgenommen; Vernehmlassungen abgefasst; Kontakte zu den Bundesämtern für Gesundheit, für Statistik und zum Justizdepartement gepflegt; Austausch mit Parteien und Politikern, mit Partnerorganisationen und mit Externen betrieben; Sponsoren gepflegt; und nicht zuletzt viele spannende und teilweise herausfordernde Mitgliederkontakte unterhalten. 

Die zweite Jahreshälfte stand im Zeichen der Einarbeitung und der Übergabe der Geschäfte an neue Mitarbeiter und Verantwortliche in der EXIT-Kommunikation. Dazu zählte auch die aufwändig und sehr sorgfältig betriebene Suche nach einem Nachfolger als Ressortvorstand. Nach mehr als sieben Jahren weiss ich die mir ans Herzen gewachsene Kommunikationsarbeit in guten Händen.

Recht

Nach einem wieder sehr bewegten vergangenen Jahr bei EXIT und meinem letztjährigen Rechenschaftsbericht über einige Tätigkeitsgebiete im Ressort Recht möchte ich diesmal nur zwei Bereiche erwähnen – zwei Themen, die zeigen, wie sorgfältig die Diskussion um Sterbehilfe geführt werden muss. 


Das Berichtsjahr begann mit der Mitteilung von EXIT, der Generalversammlung eine Statutenänderung zum Altersfreitod vorzuschlagen: bei hochbetagten sterbewilligen Menschen soll künftig für eine Rezeptierung des Sterbemittels die Entscheidungsautonomie höher gewichtet werden dürfen als das Erfordernis einer schwerwiegenden medizinischen Diagnose. Die Öffentlichkeit griff dies sofort auf und das ganze Jahr 2014 hindurch wurde – mehr und minder reflektiert – darüber debattiert: von der ignoranten Unterstellung, EXIT wolle das «Geschäftsmodell auf Gesunde ausweiten», über die kulturpessimistische Befürchtung, EXIT sende ein gefährliches Signal in die Gesellschaft, bis hin zur verständnislosen Empörung, nach einem lange und eigenständig gelebten Leben letztlich quasi bevormundet zu werden und bei einem Arzt um den sanften Tod betteln oder alternativ aus dem Fenster springen zu müssen – in der ganzen Bandbreite war alles zu lesen und zu hören. Irritierend dabei zuweilen, dass selbst sonst differenziert argumentierende Menschen beim Thema in emotionale, von diffusen Ängsten und Ideologien getriebene Polemik verfallen können. EXIT bemüht sich um eine gründliche und respektvolle Auseinandersetzung mit den aufgetauchten Fragen: gesellschaftliche Tatsachen und Entwicklungen, Sorgen, Vorwürfe, Übertragungen, Hoffnungen, Wünsche, usw. wurden erfasst, und eine Arbeitsgruppe setzt sich nun mit den Risiken und Chancen dieser gesellschaftlichen (und gleichzeitig so höchstpersönlichen) Frage des Altersfreitods auseinander und wird möglichst umsichtige Massnahmen erarbeiten. 

Eine hingegen tatsächlich besorgniserregende Tendenz in der Sterbehilfe könnte uns auch in der Schweiz einst beschäftigen: Im September entschied ein belgisches Gericht, dass ein lebenslänglich sicherheitsverwahrter Sexualmörder wegen unerträglichen und unheilbaren psychischen Leiden die Voraussetzungen für Sterbehilfe erfülle und daher Anspruch darauf habe; der alternative Antrag des Verwahrten, nach Holland in eine Spezialinstitution verlegt zu werden, wurde aus Kostengründen abgelehnt. Dieser Verwahrte hatte seine Haftbedingungen stets als unmenschlich beklagt, da er im Gefängnis nicht angemessen interniert und v.a. nicht therapiert werde (ein Psychiater für 200 Gefangene). Belgien wurde von Europarat und EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) bereits mehrfach wegen Missständen im Strafvollzug gemahnt – die hohe Zahl von Suiziden und Suizidversuchen in belgischen Gefängnissen bestätigt die nachlässige Haltung des Staates. 

Kurz vor geplanter Durchführung der bewilligten Sterbehilfe für diesen Triebtäter griff der neue belgische Justizminister ein und veranlasste stattdessen die Überführung des Gefangenen in eine frisch erstellte belgische Spezialinstitution. Das Thema wird damit aber noch nicht abgeschlossen sein, zumal diese neue und bisher einzige belgische Spezialinstitution weniger als 300 der insgesamt 3000 in Belgien verwahrten Personen aufnehmen kann und im Nachgang zum Gerichtsentscheid bereits zahlreiche weitere Verwahrte beantragten, ebenfalls sterben zu dürfen. Die belgische Regierung scheint nun aber gebührend aufgeschreckt und auch willens, dieser Fehlentwicklung – in Richtung einer «Todesstrafe durch die Hintertür» statt psychiatrischer Behandlung – entgegenzuwirken. 

Ganz grundsätzlich, und damit auch für Alters- wie für Gefangenensuizid, gilt jedenfalls, dass mit Sterbewünschen, welche durch gesellschaftlich erzeugte Ursachen und gleichzeitige Versorgungsverweigerung hervorgerufen werden, besonders sorgfältig umzugehen ist. Denn auch ihnen muss in erster Linie mit entsprechender Behandlung und nicht mit Sterbehilfe begegnet werden.

Finanzen

Es ist vor allem ausserordentlich hohen Einnahmen aus Spenden und Legaten von insgesamt etwas mehr als 1,6 Millionen Franken zuzuschreiben, dass unser Verein in finanzieller Hinsicht auf ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr 2014 zurückblicken kann. Allen Spendern sei auch an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Nach der Bildung von zusätzlichen Reserven und Rückstellungen, auf die weiter unten noch eingegangen wird, schliesst die Erfolgsrechnung 2014 mit einem positiven Jahresergebnis von 208’459 Franken ab. Dieser Überschuss wird in das Organisationskapital übertragen, das in den Passiven unserer Bilanz per 31. 12. 2014 dadurch auf 469’997 Franken ansteigt. 

Erfreulicherweise hat sich der 2013 begonnene Aufschwung der Weltwirtschaft im Berichtsjahr fortgesetzt. Mit deutlich über zwei Prozent war das Wirtschaftswachstum in den USA recht stark. Auch ist dort die Arbeitslosigkeit auf 5,6 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit dem Rezessionsjahr 2008 gefallen. Diese positiven Entwicklungen ermöglichten der amerikanischen Notenbank, die seit einigen Jahren zur Stützung der Konjunktur durchgeführten Obligationenkäufe im November 2014 einzustellen. Dagegen hielt sie an der Tiefzinspolitik fest, doch ist in den USA voraussichtlich im Juni 2015 mit einer Zinserhöhung zu rechnen. Demgegenüber ist die Wirtschaft in der Euro-Zone mit einem Plus von 0,7 Prozent im Jahr 2014 kaum gewachsen. Trotz der expansiven Geldpolitik dauerte die Staatsschuldenkrise weiter an und die Arbeitslosigkeit betrug durchschnittlich rund elf Prozent. Um die Konjunktur zu beleben, kündigte die Europäische Zentralbank im Herbst 2014 ein Programm zum Ankauf von Anleihen aus dem privaten Sektor an. 

Im Berichtsjahr betrug das Wirtschaftswachstum in der Schweiz um die zwei Prozent. Der Arbeitsmarkt blieb robust. So lag die Arbeitslosenquote bei niedrigen 3,2 Prozent. Die Schweizerische Nationalbank verteidigte mit Erfolg den im September 2011 festgesetzten Mindestkurs von 1.20 Franken für einen Euro. Um die anhaltende Frankenstärke zu bekämpfen, beschloss sie im Dezember 2014, auf gewissen Bankguthaben Negativzinsen einzuführen, was letztmals in den 70er Jahren der Fall war. Der schweizerische Aktienmarkt entwickelte sich überraschend gut. So beendeten die Standardwerte das Jahr mit Kursgewinnen von durchschnittlich 9,5 Prozent. Mit unserem Portefeuille, bestehend aus Obligationen und Aktien von soliden Unternehmungen sowie einem hohen Anteil Liquidität, der während des Jahres zeitweise bei 25 Prozent lag, haben wir eine Performance von 4,6 Prozent erzielt. Die nicht realisierten Kursgewinne betragen 160’736 Franken. Insgesamt weisen wir zum Jahresende ein positives Finanzergebnis von 390’337 Franken aus. Zu Lasten der Erfolgsrechnung wurde die in den Aktiven der Bilanz bestehende Reserve für Wertschwankungen der Finanzanlagen um 600’000 Franken auf 2,75 Millionen Franken erhöht. Diese entspricht somit neu 30 Prozent (Vorjahr 27 Prozent) der Finanzanlagen. 

Die in den Passiven der Bilanz aufgeführte Position «Rückstellung Beiträge Lebenszeit» bezweckt, die Dienstleistungen unseres Vereins gegenüber jenen Mitgliedern, die den einmaligen Mitgliederbeitrag auf Lebenszeit entrichtet haben, in finanzieller Hinsicht auch in Zukunft sicherzustellen. Aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung und des Durchschnittsalters unserer Lebenszeit-Mitglieder von gegenwärtig 66 Jahren hat der Vorstand von EXIT deshalb eine Rückstellung von 600 Franken pro Lebenszeit-Mitglied als erstes, vorläufiges Ziel festgesetzt. Um dieses zu erreichen, sind nicht nur 80 Prozent wie im Vorjahr, sondern 100 Prozent der im Berichtsjahr eingegangenen Lebenszeit-Beiträge der Position «Rückstellung Beiträge Lebenszeit» gutgeschrieben worden. Diese steigt dadurch um 2'152’445 Franken auf 9'668’327 Franken an. Bei einem Bestand von 16’476 Lebenszeit-Mitgliedern (Vorjahr 14’837) ergibt dies per Ende 2014 eine Rückstellung von 587 Franken (Vorjahr 507 Franken). 

Das gute Jahresergebnis 2014 ermöglichte, das aus fünf mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammengesetzte Fondskapital um insgesamt 208’946 Franken auf neu 4'024’223 Franken per 31. 12. 2014 zu erhöhen. Auch deshalb kann die finanzielle Situation unseres Vereins weiterhin als gesund bezeichnet werden.

Geschäftsstelle

Der Bericht der Geschäftsstelle kann nahtlos an die letztjährigen Mitteilungen anknüpfen. Das schon vor einem Jahr erwartete Wachstum ist eingetreten und hat sogar alle Vorstellungen übertroffen. Im Bereich der Mitgliederadministration war die Belastung besonders gross. Es wurden rund 19’000 Neuanmeldungen bearbeitet und Patientenverfügungen ausgestellt. 11’000 Patientenverfügungen wurden kontrolliert und elektronisch hinterlegt. Auch die Anträge für eine Freitodbegleitung sind gegenüber dem Vorjahr nochmals deutlich angestiegen, was in 779 Fällen zu einer Akteneröffnung führte. 

EXIT ist in der glücklichen Lage, äusserst motivierte und engagierte Mitarbeitende zu haben. Nur dank deren unermüdlichen Einsatz und der Bereitschaft, Leistungen über das vertraglich definierte Mass zu erbringen, konnten die Quantitäten überhaupt bewältigt werden. Trotzdem entstanden wieder zu lange Wartezeiten bei Neuanmeldungen und bei der Bearbeitung von Patientenverfügungen. In der zweiten Jahreshälfte konnten vier neue Stellen besetzt werden, eine in der Freitodadministration und drei in der Mitgliederadministration. Zudem wurden weitere Arbeitsabläufe im Bereich der Anmeldung zur Mitgliedschaft automatisiert. Dank der getroffenen Massnahmen konnten die pendenten Mitgliederaufträge bis Ende Jahr erledigt werden. Per Ende Mai wurde uns der Mietvertrag für das Büro Bern gekündigt. Die etwas schwierige Suche nach einem Ersatz führte leider erst im Herbst zu einem Erfolg. Seit Januar 2015 haben wir neue Büros an der Mittelstrasse 56. Die Beratungen wurden in der Zwischenzeit in einem Sitzungszimmer in der Innenstadt durchgeführt. Neu arbeitet auch eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Kommunikation im Büro Bern. 

Für unser Büro in Binningen wurde ein Gesuch für die Nutzung eines Raums als Sterbezimmer eingereicht. Obwohl sich der Eingang zu unseren Räumen in einem Hinterhof befindet und damit praktisch nicht einsehbar ist, haben viele Ladenbesitzer und Gewerbetreibende Einsprache erhoben. Der Entscheid des Bauinspektorats Basel-Landschaft ist noch ausstehend. 

Anlässlich des Einzugs in die damals neue Geschäftsstelle im Sommer 2003 waren wir 7 Angestellte. Aktuell arbeiten 24 Personen im Gebäude. Damit wird die Kapazitätsgrenze annähernd erreicht und das Optimierungspotenzial der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze fast ausgeschöpft. 

Nach über zwölf Jahren Tätigkeit für unseren Verein gehe ich Ende Februar 2015 in Pension. Mein Dank geht an die Mitglieder, mit denen so viele interessante, berührende und eindrückliche Kontakte entstanden. Ein ganz grosses Dankeschön geht an die Mitarbeitenden für deren unermüdliche Unterstützung in all den Jahren. Zusammen haben wir schöne Zeiten erlebt und manchmal auch schwierige Momente durchgestanden. Ebenso danke ich dem Vorstand für die konstruktive, offene und respektvolle Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Ihnen allen wünsche ich viel Erfolg auf dem weiteren Weg.

GPK-Bericht 2014

Auftrag 

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) von EXIT nimmt in die Tätigkeit des Vorstandes und der Geschäftsführung Einblick. Zudem prüft sie periodisch, ob die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen sowie die Reglemente korrekt angewendet werden und ob die Beschlüsse der Generalversammlung und des Vorstandes ordnungsgemäss vollzogen werden. Dazu erstellt sie einen schriftlichen Bericht.

Tätigkeiten 

Die Geschäftsprüfungskommission traf sich im Jahre 2014 zu zwei Sitzungen. Die Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission waren zusätzlich im März am EXIT-Tag und im Mai an der Generalversammlung anwesend. 
Am 3. Oktober 2014 kontrollierte die GPK auf der Geschäftsstelle in Zürich den Lagerbestand des Medikaments Natrium-Pentobarbital (NaP), das von EXIT für die Sterbehilfe verwendet wird. Sie stellte fest, dass das NaP sicher aufbewahrt wird und über Ein- und Ausgänge sorgfältig, zweckmässig und zeitgerecht Buch geführt wird. 

Richard Wyrsch hat auch im vergangenen Jahr regelmässig die Akten der Freitodbegleitungen in der Geschäftsstelle geprüft und analysiert. 
Neu wird – in Absprache mit dem Vorstand – die -Statistik über Akteneröffnungen und Freitodbegleitungen nicht mehr in dieser Rubrik, sondern im Jahresbericht des zuständigen Vorstandressorts Freitodbegleitung publiziert.

Zusammenarbeit mit dem Vorstand 

Die Geschäftsprüfungskommission erhält regelmässig die Protokolle der Vorstandssitzungen und erhält dadurch Einblick in alle laufenden Geschäfte. Zusätzlich bestehen Telefon- und E-Mail-Kontakte zwischen den Mitgliedern der GPK und des Vorstandes. Dies erlaubt es der GPK, auf allfällige Probleme rechtzeitig einzugehen. 

Im Februar 2014 wurde die GPK im Beisein der externen Revisorin über das finanzielle Ergebnis des Jahres 2013 informiert. Im Rahmen des EXIT-Tages traf sich die GPK im März wie üblich zu einer allgemeinen Aussprache mit dem Vorstand. 

Die Zunahme der Mitgliederzahlen im Berichtsjahr nimmt die GPK als Vertrauensbeweis für EXIT mit Befriedigung zur Kenntnis. Sie ist sich indessen bewusst, dass dies mit administrativem Mehraufwand verbunden ist. Sie ist dem Vorstand dankbar für seinen Entscheid, die Organisationsstrukturen zu überprüfen und unterstützt seine Bestrebungen, den hohen Qualitätsstandard unserer Dienstleistungen auch bei erhöhter Nachfrage sicherzustellen.

Dank

Die Geschäftsprüfungskommission verdankt die für EXIT geleistete grosse Arbeit. Sowohl vom Vorstand als auch vom Team der Freitodbegleiterinnen und Freitodbegleiter, den Konsiliarärzten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle wurde eine anspruchsvolle Arbeit mit viel Engagement und fachlichem Können geleistet.