Kritik am Nationalen Forschungsprogramm hat gewirkt

Die Erkenntnisse des aufwendigen Nationalen Forschungsprogramms NFP 67 «Lebensende» bei der Suizidhilfe sind nicht bahnbrechend. Immerhin zeigt der Schlussbericht, dass die Kritik, welche die fünf Schweizer Selbstbestimmungs-Organisationen vor vier Jahren am Programm äusserten, ihre Wirkung nicht verfehlt hat.

Erfreulich ist nach Meinung der fünf Schweizer Selbstbestimmungsorganisationen EXIT, EXIT Suisse romande, Dignitas, EX International und lifecircle: Das Programm hat bei der Wertung der Suizidhilfe erkannt, dass es sich hierbei um ein Randphänomen handelt und auch in diesem Bereich die Patientenselbstbestimmung zu schützen und zu stützen ist.

Fragezeichen dagegen setzen die fünf Organisationen bei den politischen Empfehlungen der NFP-67-Leitung zur Suizidhilfe. So können die Forderungen nach Monitoring, Regulierung und Kontrolle zu wenig durch wissenschaftliche Evidenz unterlegt werden. Eher praxisfremd mutet die Forderung an, es brauche mehr Gespräche und Vertrauensverhältnisse mit und zu den Ärzten am Lebensende – dies angesichts des knappen Zeitbudgets der Mediziner.

Nicht nachvollziehbar ist zudem, weshalb das NFP noch mehr Kontrolle bei in die Suizidhilfe involvierten Medizinern fordert, ist es doch – mit dem bei der so genannten Legalinspektion beteiligten Amtsarzt, der Polizei und der Staatsanwaltschaft – einer der am besten untersuchten Sterbehilfebereiche überhaupt. Vielmehr müsste mehr Kontrolle bei der indirekt aktiven Sterbehilfe in Spitälern eingefordert werden, da diese nicht geprüft wird, oft urteilsunfähige Patienten betrifft und viel häufiger vorkommt als Freitodbegleitungen.

Erklärungsbedürftig ist, weshalb aus dem juristischen Begriff der Urteilsfähigkeit – gemäss Zivilgesetzbuch gilt grundsätzlich jeder Mensch als urteilsfähig – ein medizinischer Begriff gemacht werden und dass in jedem Fall eine ärztliche Abklärungspflicht bestehen soll. Gerade im Suizidhilfebereich steht dem entgegen, dass sich die psychiatrischen Fachärzte oft weigern, die Urteilsfähigkeit abzuklären und damit das selbstbestimmte Sterben des Patienten verhindern. Ein Monitoring, wie es das NFP 67 empfiehlt, wäre zwar wünschenswert, aber ebenfalls nicht sehr realistisch. Denn es stellen sich Fragen wie: Wer soll das durchführen und finanzieren?

Erfreut darf dagegen festgestellt werden, dass in der retrospektiven Untersuchung von 3'666 Freitodbegleitungsfällen nur in absoluten Einzelfällen Unklarheiten aus den amtlichen Dokumenten hervorgingen. Das zeigt, wie exakt und gründlich – und wie gut reguliert und kontrolliert – in diesem Bereich in der Schweiz offenbar gearbeitet wird durch die Behörden und die Sterbehilfeorganisationen.

Die fünf Organisationen werden auch in Zukunft die (teilweise noch nicht publizierten) Resultate und Artikel genau mitverfolgen. Falls es Versuche geben sollte, mit den Resultaten des NFP 67 Einfluss auf die Politik zu nehmen, werden die Organisationen den Finger auf Unstimmigkeiten legen.

Die fünf Selbstbestimmungsorganisationen werden nun die Studien und den Schlussbericht des mit 15 Millionen Franken Steuergeldern dotierten Forschungsprogramms noch genauer analysieren. Ihre alten Forderungen, die sich erfreulicherweise teilweise mit denen des NFP 67 decken – den Ausbau der Palliative Care, die Verbesserung der Patientenverfügung, volle Selbstbestimmung für Patienten am Lebensende sowie mehr Aus- und Weiterbildung für Ärzte im Suizidhilfebereich – werden sie weiterhin mit Nachdruck fördern.

Weitere Informationen zum NFP 67 unter www.nfp67-check.info/

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