Toni Frisch: «Sich nur bescheidene Ziele setzen»

EXIT kann sich auf ein namhaftes Patronatskomitee mit bekannten Persönlichkeiten stützen, die öffentlich für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen einstehen. Wir stellen in loser Folge die Sicht von Komitee-Mitgliedern zu wichtigen Fragen rund um das Lebensende vor.

Toni Frisch, was heisst für Sie Sterben in Würde?
Vermutlich fast alle Menschen wünschen sich, „einmal in Würde, ja sogar gesund sterben zu dürfen und niemals leiden zu müssen“. Das gilt natürlich auch für mich. Ich hoffe deshalb, dass man meinem Entscheid, mich in gegebener Situation und wenn angezeigt, von EXIT begleiten zu lassen und so aus dem Leben zu scheiden, Verständnis entgegenbringt. Die Familie tut das, viele Freunde verstehen es. Ich möchte einmal sterben dürfen und nicht gegen meinen Willen leben müssen, und ich erwarte, dass man meinen in der Patientenverfügung niedergelegten Willen unbedingt respektiert.

Wie hat sich Ihre Einstellung zu Sterben und Tod im Laufe Ihres Lebens verändert?

Je älter ich werde, desto kürzer erscheint mir das menschliche Leben. Ich werde mir der Unendlichkeit des Weltalls und der Endlichkeit meines eigenen Lebens mehr und mehr bewusst. Man fragt sich natürlich öfter als in der Jugend, wie wird mein Ende sein...? Viele Menschen fürchten sich wohl gar nicht vor dem Tod, dem Jenseits, dem Ungewissen, sondern insbesondere vor dem Sterben. Mein Vater sagte jeweils, er möchte einmal „gsund und um“ sein. Dieser Wunsch wurde ihm auf wunderbare Weise erfüllt. Er starb einen «Sekundenherztod» und schied mitten in einem Gespräch aus dem Leben.

Wann und wie sind Sie zum ersten Mal mit Sterben und Tod konfrontiert worden?

Das erste Mal unmittelbar mit dem Tod konfrontiert wurde ich, als meine damals betagte Grossmutter starb. Sie hatte mit uns, fast bis zum Schluss, im selben Haushalt gelebt. Ich war zwar traurig, aber wir empfanden es als etwas ganz Natürliches. Eben... als das Ende eines langen Menschenlebens.
Der freiwillige, gesuchte Tod, war in unserer Familie verschiedentlich ein Thema. Meine Mutter stand damals in der Mitte ihres Lebens und war völlig gesund. Sie hat jedoch wiederholt erklärt, dass weder sie noch mein Vater – so sie einmal krank und pflegebedürftig werden sollten – jemals in ein Heim gehen würden: «Unser letzter Weg wird dann auf die Brücke in der nahen Schlucht sein». Dort hatten, wie man wusste, schon verschiedene Menschen den Freitod gesucht. So weit kam es allerdings nie. Sie war bis zum Schluss in der Familie meiner Schwester integriert.
In meiner beruflichen Laufbahn war ich später oft mit Leiden und Tod konfrontiert. War ich doch viele Jahre in der Katastrophenhilfe im Ausland tätig. Der Tod eines einzelnen Kindes, wenn man als Retter alles daran setzte, sein Leben zu retten, ging mir dabei sehr nahe. Viel näher sogar als der Anblick von hunderten von Leichen, die nach dem Tsunami in Indonesien noch tagelang in Küstennähe herumschwammen.

Was wird für Sie beim Älterwerden wichtiger, was weniger wichtig?

Jede Phase des Lebens hat seine schwierigeren, aber sicher auch seine guten und einmaligen Seiten. Man sollte sich dessen wohl vermehrt bewusst sein und aus jedem Lebensabschnitt das Beste zu machen suchen. In gewissen Dingen wird man bestimmt gelassener, hat ja schon verschiedene Stürme des Lebens hinter sich. Man hat aus den Fehlern gelernt. Vielleicht ist das die beginnende Weisheit des Alters…
Vieles hat man sich früher vorgenommen, hat sich Ziele gesteckt, andere wurden einem vorgegeben. Das sollte wenn möglich bis zum Ende der Fall sein.  Wird man nicht mehr gebraucht, fragt sich manche(r) nach den bestandenen Herausforderungen nun nach Sinn und Inhalt des noch verbleibenden Lebensabschnittes. Also, Neues vornehmen und wiederum, vielleicht auch nur bescheidene, Ziele setzen. 

Toni Frisch (Jg. 1946), verheiratet, 2 Kinder und 3 Grosskinder.
Nach Tätigkeit als Ing. in der Privatwirtschaft während rund dreissig Jahren in verschiedenen Funktionen Mitarbeiter im Eidg. Dpt. für Auswärtiges. Ehemaliger Stv. Direktor der DEZA und Botschafter. Von 2000 bis 2011 Delegierter des Bundesrates für Humanitäre Hilfe. Nach der Pensionierung teils bis heute mit verschiedenen Mandaten betraut, wie Präsident Pro Senectute Schweiz, Vizepräsident des Schweizerischen Roten Kreuzes, OSZE Koordinator im Ukraine Friedensprozess, bei der UNO u.a. Senior Advisor des UNO Untergeneralsekretärs.

 

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