Selbstbestimmungsrecht von Patienten in Deutschland gestärkt

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt in einem Grundsatzurteil den Patientenwillen in den Vordergrund: Ärzte sind nicht verpflichtet, Patienten nach einem Suizidversuch gegen deren Willen zu retten.

Zwei Ärzte aus Berlin und Hamburg hatten ihre suizidwilligen Patientinnen bis zum Tod begleitet, ohne ihnen das Leben zu retten. Die aus diesem Grund angeklagten Ärzte wurden von den Landgerichten bereits freigesprochen, nun bestätigte der fünfte Strafsenat des BGH in Leipzig gestern Mittwoch die Freisprüche. Er wies die dagegen eingelegten Revisionen zurück und stellte klar, dass sich die Ärzte nicht wegen Tötung durch Unterlassen strafbar gemacht hatten.

Die Freiverantwortlichkeit des Selbsttötungsentschlusses sei massgebend, begründete der Vorsitzende Richter den Entscheid. In beiden Fällen hätten die Patientinnen ihre Entscheidungen eigenverantwortlich getroffen. „Ein Arzt kann nicht verpflichtet werden, gegen den Willen des Suizidenten zu handeln“, führte der Vorsitzende Richter weiter aus.

Das Urteil erlaubt nun Ärzten in Deutschland, anwesend zu sein beim selbstbestimmten Sterben – dies auch nachdem der Patient das Bewusstsein verliert. Ein Arzt kann also nicht wegen unterlassener Hilfeleistung verklagt werden, wenn er keine (sinnlosen) lebensrettenden Massnahmen oder Reanimationsversuche unternimmt. Der Entscheid des BGH korrigiert ein fragwürdiges Urteil aus dem Jahr 1984. Damals hatte wiederum der BGH entschieden, dass der Arzt zur Lebensrettung verpflichtet ist, sobald der Suizident das Bewusstsein verliert.

Die Sterbehilfe-Debatte in Deutschland läuft weiter. Im vergangenen April hatte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe über das im  Jahr 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmässigen Sterbehilfe verhandelt. Eine Entscheidung zu den noch offenen juristischen Fragen wird in diesem Herbst erwartet. Weil die beiden Fälle in Berlin und Hamburg vor der Einführung des Verbotes stattfanden, hatte dieses keinen Einfluss auf das Verfahren.

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