Österreich erlaubt die Suizidhilfe

Der österreichische Verfassungsgerichtshof anerkennt das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das bisherige Verbot der Sterbehilfe wird per Ende Jahr 2021 aufgehoben.

Wer aktuell in Österreich Hilfe beim Suizid leistet, muss mit einem Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren rechnen. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat diese Bestimmung nun auf Antrag mehrerer Betroffener, darunter zwei Schwerkranke, aufgehoben.

Das gesetzliche Verbot der Hilfeleistung zum Suizid sei verfassungswidrig, urteilten die Richter in Wien. Das Recht auf freie Selbstbestimmung umfasse " das Recht auf die Gestaltung des Lebens ebenso wie das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben", heisst es in der Urteilsverkündung. Darin eingeschlossen sei auch das Recht von Suizidwilligen, die freiwillige Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.
Weiterhin verboten bleibt die Tötung auf Verlangen – wie es in den meisten Ländern der Fall ist.

Sehr zufrieden mit dem Entscheid ist die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL). Sie engagiert sich seit 2019 für eine Liberalisierung der Sterbehilfe. Mit diesem zentralen Schritt für die Selbstbestimmung am Lebensende ziehe Österreich im internationalen Vergleich nach, wenn auch mit Verspätung: „Wir sehen die Entscheidung des VfGH als einen historischen Durchbruch. Mit ihr wurde eine zutiefst inhumane Strafbestimmung aus der Zeit des Austrofaschismus aufgehoben. Es ist eine Entscheidung, die schwerkranken Menschen, die nicht mehr länger leiden möchten, das Sterben ein Stück humaner macht“, so Wolfgang Obermüller, Politiksprecher der ÖGHL.

Man werde sich dafür einsetzen, dass die nun legale Sterbehilfe auch tatsächlich verfügbar sei. Obermüller kündigte an: „Wir werden die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes genau analysieren und die weiteren Schritte in den nächsten Wochen in unseren Gremien besprechen“.

Weil die neue Regelung erst am 1. Januar 2022 in Kraft tritt, bleibt genügend Zeit für die entsprechenden Vorbereitungen.

Wenig überraschend zeigte sich die katholische Kirche bestürzt über das Urteil. So sprach der Salzburger Erzbischof Franz Lackner von einem Dammbruch und davon, dass "die selbstverständliche Solidarität mit Hilfesuchenden in unserer Gesellschaft durch dieses Urteil grundlegend verändert wird".

Die amtierende Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hielt fest: "Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass niemand den Wert seines Lebens infrage stellen muss." Die Regierung müsse jetzt prüfen, welche gesetzlichen Schutzmassnahmen notwendig seien.

Relevant ist nun, ob österreichische Politikerinnen und Politiker versuchen werden, den Entscheid des Verfassungsgerichtshofes wieder einzuschränken oder nicht.

 

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