Kantone prüfen Suizidhilfe im Gefängnis

Suizidhilfe für Gefängnisinsassen soll grundsätzlich möglich sein. Dies hält ein von Experten erstelltes Grundlagenpapier fest, welches sich derzeit in der Vernehmlassung befindet.

Bisher ist in der Schweiz nicht geregelt, ob auch eine inhaftierte Person einen assistierten Suizid in Anspruch nehmen kann. Diese Problematik führte bereits ab Mitte 2018 zu einer Debatte mit grossem Medienecho, als sich ein sterbewilliger Häftling an EXIT wandte (siehe auch: https://exit.ch/medienerwaehnung/todeswunsch-im-gefaengnis/).

Nun will die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) Klarheit schaffen. Sie hat von einer Expertengruppe ein Grundlagenpapier mit dem Titel "Der assistierte Suizid im Straf- und Massnahmenvollzug“ erstellen lassen und dieses in die Vernehmlassung bei den Kantonen geschickt. Das Grundlagenpapier, das sich auf ein Gutachten der Universität Zürich stützt, erinnert an das in der Schweizerischen Bundesverfassung festgehaltene Selbstbestimmungsrecht. Darin ist das Recht eines jeden urteilsfähigen Menschen verankert, über Art und Zeitpunkt der Beendigung des eigenen Lebens selber zu entscheiden. Barbara Rohner, Leiterin der Expertengruppe, zeigte sich gegenüber Radio SRF überzeugt: «Den Insassen muss das Recht auf die Inanspruchnahme einer Suizidhilfeorganisation zugestanden werden».

In Bezug auf die Zulässigkeit der Suizidhilfe im Gefängnis sollen dieselben Richtlinien gelten wie für Personen in Freiheit. Der assistierte Suizid dürfe nur als ultima ratio erfolgen. Vorher müssten sämtliche Alternativen wie beispielsweise „angepasste Unterbringungsbedingungen, somatische oder psychotherapeutische Behandlungen oder palliative Massnahmen“ geprüft werden. Gleichzeitig müsse die sterbewillige Person urteilsfähig sein und ein unerträgliches physisches oder psychisches Leiden haben. Zudem müsse der Suizidwunsch dauerhaft und wohlerwogen sein sowie ganz ohne äusseren Druck bestehen. Keinen Einfluss auf das Recht der Beanspruchung einer Suizidhilfeorganisation dürfe die Art der strafrechtlichen Massnahme oder deren Dauer haben.

Falls der assistierte Suizid in einer Institution des Freiheitsentzugs durchgeführt werde, so habe “die Institution im Rahmen ihrer Möglichkeiten für ein möglichst würdevolles Sterben” zu sorgen, hält das Grundlagenpapier fest. Auch seien dabei die Wünsche der sterbewilligen Person so gut als möglich zu berücksichtigen; zum Beispiel sei zu prüfen, ob Familienangehörige anwesend sein können.

Falls sich die Suizidhilfeorganisation zur Durchführung des assistierten Suizids bereit erkläre und die sterbewillige Person wünsche, den assistierten Suizid ausserhalb des Gefängnisses  durchzuführen, sei jeweils die Verlegung in ein Sterbezimmer der Suizidhilfeorganisation zu prüfen, in ein Sterbehospiz oder in ein gesichertes Pflegezentrum. Und das Grundlagenpapier weiter:  “Die erforderlichen Sicherungsmassnahmen richten sich nach den Gesichtspunkten der Fluchtgefahr und / oder der Fremdgefährdung.”

EXIT als grösste und direkt betroffene Sterbehilfeorganisation wurde bei der Erstellung des Grundlagenpapiers nicht einbezogen. Die Vernehmlassungsfrist dauert noch bis Anfang 2020. Danach will die KKJPD über das weitere Vorgehen entscheiden.
 

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