Italien: Suizidhilfe in gewissen Fällen erlaubt

Das Verfassungsgericht in Rom hat die Hilfe beim Freitod in eng definierten Ausnahmefällen als zulässig erklärt. Zudem forderte es eine genauere gesetzliche Regelung vom Parlament.

Bisher verbot Artikel 580 des italienischen Strafgesetzbuches die unterstützende oder begleitende Hilfe beim Sterben. Nun hat das Verfassungsgericht entschieden, dass diese straffrei ist, wenn der sterbewillige Mensch eine unheilbare Krankheit hat, die unerträgliche physische oder psychische Schmerzen verursacht und er mit künstlichen Massnahmen am Leben erhalten wird. Zudem muss er seinen Willen frei und bewusst äussern können.

Hintergrund war ein Prozess rund um den begleiteten Suizid des als "DJ Fabo" bekannten Mailänder Musikers Fabio Antoniani. Dieser litt nach einem Unfall unter einer besonders schweren Form der Querschnittslähmung. Im Februar 2017 musste er in die Schweiz reisen, um seinen Schmerzen mithilfe von Dignitas ein Ende zu setzen. Begleitet wurde er vom Sterbehilfe-Aktivisten Marco Cappato, der sich nach seiner Rückkehr nach Italien selbst anzeigte. Er wurde angeklagt wegen „Beihilfe beim Suizid“, es drohten ihm bis zu zwölf Jahre Haft.

Weil sich das Mailänder Schwurgericht mit der Angelegenheit überfordert fühlte, wandte es sich im Februar 2018 an die Verfassungsrichter. Artikel 580 widerspreche in gewissen Fällen den in der Verfassung gewährten Grundrechten, hielten diese fest und setzten dem Parlament eine Frist zur Erarbeitung eines neuen Gesetzes, welche jedoch ergebnislos verstrich. Cappato zeigte sich erleichtert über den daraufhin erfolgten Richterentscheid, der verbindlich ist, bis es das besagte Gesetz gibt: «Von heute an sind wir in Italien alle freier», schrieb er auf Twitter. «Die Justiz hat entschieden, dass es ein verfassungsmässiges Recht ist, nicht grausame Qualen erleiden zu müssen.»

Obwohl gemäss Umfragen eine grosse Mehrheit der italienischen Bevölkerung die Begleitung beim Suizid in Ausnahmefällen befürwortet, tut sich das Parlament seit vielen Jahren schwer mit dem Thema. Der heftigste Widerstand gegen eine neue gesetzliche Regelung kommt von gläubigen Parlamentariern, die sich strikt an die Doktrin der katholischen Kirche halten, wonach das Leben ein Geschenk Gottes und der Freitod eine Sünde ist.

Der Grundsatzentscheid der Verfassungsrichter hat die Politik nun nochmals eindringlich zum Handeln aufgefordert. 

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