Bundesgericht hat Entscheid zur Suizidhilfe zu fällen

Bereits zwei Baselbieter Gerichte haben die Freitodbegleiterin Erika Preisig von der Sterbehilfeorganisation Life Circle vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freigesprochen. Nun will nicht nur die Staatsanwaltschaft den Fall vom Bundesgericht beurteilen lassen, sondern auch Preisig.

Sowohl das Strafgericht als auch das Kantonsgericht von Baselland sprachen Erika Preisig vom Hauptanklagepunkt frei. Zu klären war der Vorwurf, ob die Ärztin im Jahr 2016 eine suizidgefährdete und nicht urteilsfähige 67-jährige Frau in den Tod begleitet habe. Die Staatsanwaltschaft warf Preisig vorsätzliche Tötung vor, weil sie es unterlassen habe, ein psychiatrisches Gutachten zur Urteilsfähigkeit der Patientin einzuholen. 

Preisig jedoch bekundete laut eigenen Angaben grosse Mühe, Psychiaterinnen oder Psychiater für die verlangten Fachgutachten zu finden. Weil sie von der Urteilsfähigkeit der 67-Jährigen überzeugt war und einen absehbaren harten Suizid verhindern wollte, entschied sie sich, die Freitodbegleitung ohne psychiatrisches Gutachten durchzuführen (siehe «Angemessener Freispruch für Freitodbegleiterin» vom 7. Mai 2021). 

Das Baselbieter Kantonsgericht hält im nun schriftlich vorliegenden Urteil fest: Wenn es konkrete Anhaltspunkte gebe, dass der Sterbewunsch eines psychisch kranken Menschen seinen Ursprung in der psychischen Erkrankung habe könnte, sei ein Fachgutachten nötig. Im vorliegenden Fall liege kein vollendetes Tötungsdelikt vor, weil die verstorbene Frau urteilsfähig war. Damit hatte diese die Tatherrschaft inne, die bei einer Freitodbegleitung zwingend ist. Die Ärztin habe umfangreiche eigene Abklärungen vorgenommen, die Krankengeschichte beigezogen oder Gespräche mit der Patientin und deren Umfeld geführt.

Das Gericht erachtet das Vorgehen von Preisig zwar lediglich als «leichtfertig», doch habe sie bei der Abklärung der Urteilsfähigkeit «frivol» gehandelt. Diesen Vorwurf will jedoch die Ärztin nicht auf sich sitzen lassen, nehme sie doch jede Freitodbegleitung sehr ernst. Deshalb erhebt Preisig Beschwerde gegen das Urteil. Auch die Baselbieter Staatsanwaltschaft strebt einen Grundsatzentscheid des Bundesgerichts an. Dieser dürfte frühestens im Sommer 2022 zu erwarten sein.

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